Auch Politiker und Journalisten beteiligt. Gedankenloser Gebrauch der Sprache - das fehlt uns noch in der Flüchtlingskrise. Seehofers Schlachtruf "Obergrenze" wird entweder abgelehnt oder befürwortet. Auf Sinn und Logik wird er nicht überprüft. Seine politischen Gegner könnten und Journalisten müssten ihm entgegenhalten: Gib doch die Zahl selbst an und sage, was passieren soll, wenn es mehr werden. Das wäre ein Argument. Ist aber mühsam. Einfacher ist es, ebenfalls einen Kampfbegriff ins Feld zu führen: "Stimmungsmache". Meinung gegen Meinung, jeder bedient seine Meinungsgemeinschaft. Feldgeschrei satt Debatte. Rationale Kritik kommt zunehmend aus der Übung, der Trend geht zum Nachplappern von Phrasen, ohne den Sinn zu überprüfen. Der Trend ist überprüfbar. Das Video ist zwar ironisch gehalten, aber korrekt recherchiert. Es geht um drei Phrasen: "In die Puschen kommen" (1) "Man kann Äpfel nicht mit Birnen vergleichen" (2) und den "Quantensprung" als besonders großen Sprung. (1). Es heißt natürlich richtig "in die Puschen kommen". (2) Äpfel und Birnen sind Teilmengen von Kernobst, haben gemeinsame und abweichende Eigenschaften und sind daher zum Vergleichen besonders gut geeignet, jedes Kind kann es. 3. Quantensprung ist der kleinste Übergang von einem Zustand in einen anderen und findet innerhalb eines Atoms statt. Recherche: In Google News finden man in den Treffern Äußerungen von Politikern und Journalisten. Am 2. März 2016. (1) "in die Puschen" 934 Treffer für "aus den Puschen": 132 Treffer. (2) man kann nicht: 2.130 Treffer. Kann, soll: 3 Treffer und zwar auf Seite 3. FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Wall Street Journal, literaturkritik,de. (3) "Quantensprung" (sehr großer Sprung): 860 Treffer ( News, allein im letzten Jahr). Es gibt natürlich mehr Beispiele, etwa "SuperGAU", Super Größter anzunehmender Unfall. Auch etwas "macht SINN" hat keinen Sinn. Sinn ist nämlich nicht machbar. Seehofer kann keinen Sinn machen aber seine Sprüche können keinen Sinn haben Eine Aussage HAT entweder Sinn oder hat keinen. Nun sind unsinnige Phrasen natürlich keine Lügen *. Ihr Gebrauch bezeugt nur einen Mangel an Nachdenklichkeit. Das ist bedenklich, besonders wenn sich Krisen zuspitzen. Journalisten können nicht sämtliche eingehenden Meldungen selbst nachprüfen. Aber es gibt Filter. Ist die Nachricht plausibel, wem nützt sie, verbreitet sie eine im Konflikt befindliche Partei, enthält sie eine moralische Wertung? Unbedingt notwendig ist die Nennung der Quelle und eventuell der Zusatz, sie werde von neutraler Seite nicht bestätigt. Das alles erfordert Wachsamkeit und sprachliche Genauigkeit. Ohne diese Bemühung schleicht sich Propaganda in die Berichterstattung, sie ist der mentale Nährstoff von Krisen und spaltet die Gesellschaft. Amen.

Ist dieser Text eine besserwisserische Belehrung. Leider ja. ABER
1. Was drin steht, wird ja Mal gesagt werden dürfen.
2. Diese Videoinformationen werden ohnehin nicht gelesen.
3. Sie enthalten Stichworte, die von Google indiziert werden und die Auffindung des Videos ermöglichen.
4. Das Video soll nur unterhalten. Bewirken kann es nichts.
5. Der Text legt Zeugnis ab über eine gewisse Verzweiflung.
6. Alte Schule, tragisch.

*Die den Kampfbegriff "Lügenpresse" benutzen, haben selbst kurze Beine. Sprich Propaganda pur.

Peter Milger. www.milger.de