Glocken der Ev.-Luth. Matthäuskirche in München
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 Published On Oct 31, 2020

Die Bischofskirche der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Bayern, Sankt Matthäus am Sendlinger Tor in München, beherrbergt in ihrem Turm und Dachreiter insgesamt sieben Glocken. Während die kleine Vaterunserglocke im Dachreiter nur solistisch verwendet wird, bilden die sechs größeren Glocken im Campanile das eigentliche Geläute der Kirche. Zwei von ihnen stammen noch aus der alten Matthäuskirche und konnten bei deren Abriss geborgen werden. Gegossen wurden sie 1830 vom in Dinkelsbühl und München ansässigen Nicolaus Regnault als eines seiner letzten Werke. Als nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit dem Bau der neuen Matthäuskirche begonnen wurde, beschloss man, die eingelagerten alten Glocken wieder zu verwenden und zu einem vielstimmigen Geläute ergänzen zu lassen. Eine weitere; die kleinste der alten Glocken (h', ebenfalls 1830 gegossen) wurde zunächst im Dachreiter aufgehangen und als Vaterunserglocke verwendet. Bereits 1955 konnte das alte Geläute um die drei großen Glocken, die nach einer großzügige Spende von Friedrich Wilhelm Schilling in Heidelberg gegossen wurden, ergänzt werden. Knapp zehn Jahre später entschloss man sich dazu, das bisherige Geläute in den Tönen (g° c' d' e' g') nochmals um zwei weitere, kleinere Glocken zu erweitern. Die kleinere der beiden neu gegossenen Glocken (b') wurde als Taufglocke in das Hauptgeläute integriert, während die größere (a') die historische Vaterunserglocke im Dachreiter ersetzen sollte. Aus musikalischer Sicht sehr verwunderlich, da die Taufglocke mit der Gebetsglocke im Tritonusintervall disonannt erklingt und die neue Vaterunserglocke tonlich besser in das Hauptgeläute passen würde. Die alte Vaterunserglocke übergab man schließlich an das Gemeindezentrum Bartimäus in Lochhausen, wo sie bis heute erklingt. Bis 1996 waren die sechs großen Glocken im Turm an gekröpften Stahljochen in den drei obersten, offenen Turmstockwerken untergebracht. Aufgrund starker statischer Schäden am Kirchturm konnte das Geläute erst nach einer umfassenden Sanierung durch die Glockengießerei Perner in Passau wieder in Betrieb genommen werden. Die beiden großen Glocken hängen heute auf Höhe der Uhr, die anderen vier ein Stockwerk darüber. Sicherlich hat das Geläute von der Sanierung um die Jahrtausendwende etwas profitiert, allerdings wird sein Potenzial bis heute nicht voll ausgeschöpft. Auch wenn die statisch bedingt suboptimalen Armaturen (Obergewichte und Reversionsklöppel) und unzureichende Intonation (wie derzeit am Klöppel der gr. Glocke zu sehen) das Geläute klanglich etwas beeinträchtigen, beeindruckt insbesondere die große Christuglocke, durch ihr volltöniges und voluminöses Klangbild und darf zu den schönsten Großglocken in München gezählt werden. Gemäß der Läuteordnung erhebt sie ihre sonore Stimme nur zu den wichtigsten Festtagen zusammen mit den anderen Glocken, die Vaterunserglocke erklingt hier vornehmlich solistisch und nicht mit den anderen Glocken gemeinsam.

Gl. 1 | Christusglocke | g° | 5148 kg | 2020 mm | Friedrich W. Schilling, Heidelberg (1955)
Gl. 2 | Reich-Gottes-Glocke | c' | 1995 kg | 1490 mm | Friedrich W. Schilling, Heidelberg (1955)
Gl. 3 | Verkündigungsglocke | d' | 1363 kg | 1320 mm | Friedrich W. Schilling, Heidelberg (1955)
Gl. 4 | Gebetsglocke | e' | 1000 kg | 1280 mm | Nicolaus Regnault, Dinkelsbühl (1830)
Gl. 5 | Lobglocke | g' | 650 kg | 1050 mm | Nicolaus Regnault, Dinkelsbühl (1830)
Gl. 6 | Taufglocke | b' | 410 kg | 840 mm | Friedrich W. Schilling, Heidelberg (1964)
[Gl. I | Vaterunserglocke | a' | 518 kg | 910 mm | Friedrich W. Schilling, Heidelberg (1964)]
Gl. 1. und 2. in der unteren, Gl. 3., 4., 5. und 6. in der oberen Glockenstube, Gl. I im Dachreiter

Der erste evangelische Sakralbau in München war die alte Matthäuskirche, welche unweit des heutigen Gotteshauses von 1827-1833 in repräsentativer Lage am Karlsplatz errichtet wurde. Gerade das war das Verhängnis - die Kirche wurde 1938 durch die Nationalsozialisten abgetragen, da sie ihnen buchstäblich "im Weg" stand. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde recht bald die moderne Matthäuskirche unter Leitung von Gustav Gsaenger von 1953 bis 1955 errichtet. Die etwas ungewöhnliche Gestalt der Bischofskirche dominiert nicht einfach nur den Platz am Sendlinger Tor, sondern symbolisiert stille Größe: "groß wie eine Bahnhofshalle - heimelig wie eine Wohnstube". Weitere Informationen auf: https://www.stmatthaeus.de/

Zum Videoprogramm:
00:00 Führung durch die Kirche, Stundenschlag

01:00 Vaterunserglocke
01:50 Einzelglocken obere Stube
08:40 Einzelglocken untere Stube
14:30 Festgeläute aller Glocken

Herzlich bedanken möchte ich mich bei allen Verantwortlichen der Kirchengemeinde, sowie bei Felix für die Ermöglichung der Aufnahme.

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