ZERSTRITTENE ERBENGEMEINSCHAFT: Wie komme ich da raus? Anwalt erklärt die Teilungsversteigerung
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 Published On Feb 2, 2021

Was tun, wenn ein Miterbe seine Mitwirkung verweigert? Eine Erbengemeinschaft muss alle wichtigen Dinge einstimmig beschließen (§ 2038 BGB). Stellt sich auch nur ein einziges Mitglied der Erbengemeinschaft quer, etwa weil er mit der gemeinsam geerbten Immobilie ein anderes Ziel verfolgt als die anderen Miterben, oder aus irrationalen Gründen – weil er zum Beispiel auf seine Geschwister schon seit Jahren sauer ist und sich jetzt endlich mal rächen kann, dann ist die Erbengemeinschaft faktisch blockiert.

Wenn ich Mandanten bei der Erstellung eines Testaments berate, frage ich daher immer ganz eindrücklich, ob es nicht sinnvoller ist, nur eine Person als Erben einzusetzen (deshalb müssen die anderen ja nicht leer ausgehen, man kann diesen ihren Anteil auch als Vermächtnis zuweisen) oder aber, wenn es mehrere Erben sein sollen, eine Testamentsvollstreckung anzuordnen.

Querulanten-Miterben schnell in die Schranken weisen
Nach meiner Erfahrung lassen sich Erbengemeinschaften meist viel zu lange von einem Abweichler drangsalieren. Wenn ein solcher „Abweichler-Miterbe“ entweder überhaupt nicht reagiert oder ständig seine Meinung ändert oder völlig unrealistische, unsinnige Vorschläge macht und Forderungen stellt, sollten die übrigen Miterben ihrem querulatorischen Kollegen klar kommunizieren: „Wenn wir jetzt nicht kurzfristig eine Lösung finden, wird die Erbengemeinschaft zwangsweise aufgelöst.“

Zwangsauflösung einer Erbengemeinschaft
Zwangsauflösung einer Erbengemeinschaft bedeutet in aller Regel: Alles was nicht Geld ist (Bankkonten) oder zu einem festen Marktwert verkaufbar ist (börsennotierte Aktien) kommen „unter den Hammer“, müssen also öffentlich versteigert werden.

Eine solche Teilungsversteigerung von Nachlassgegenständen (in der Praxis vor allem Häuser und Eigentumswohnungen) kann – das ist der Clou – jeder einzelne Miterbe allein beantragen und gegenüber den anderen durchsetzen, auch wenn die Zeter und Mordio schreien. Die Teilungsversteigerung heißt so, weil das Ziel eben ist, den Nachlass zu teilen. Das Prozedere ist weitgehend identisch mit dem der Zwangsversteigerung.

Stellt ein Miterbe diesen Antrag auf Teilungsversteigerung bei Gericht, hat das oft eine disziplinierende Wirkung und der querulatorische Miterbe ist plötzlich doch bereit, konstruktiv mitzuwirken, das Haus also zum Beispiel über einen Makler zu verkaufen, weil er einsieht, dass er mit seiner Blockadehaltung nichts mehr erreicht. In diesem Fall, kann man den Versteigerungsantrag bei Gericht natürlich zurücknehmen.

Bleibt der störrische Miterbe stur, dann nimmt die Versteigerung eben seinen Lauf, d.h. es wird ein Gutachten erstellt und es kommt schließlich zum Versteigerungstermin, bei dem übrigens auch jeder Miterbe mitbieten darf. Die Details des Teilungsversteigerungsverfahrens habe ich in diesem Beitrag erklärt, dort findet sich auch ein Formulierungsbeispiel eines Teilungsversteigerungsantrags an das Gericht.

Verteilung des Versteigerungserlöses an die Miterben
Das Haus oder die Eigentumswohnung sind nun also zu Geld gemacht. In vielen Fällen stimmt nun auch der querulatorische Miterbe einer Verteilung des Versteigerungserlöses unter den Miterben zu, weil er oder sie ja auch an seinen Anteil des Geldes kommen will.

In den ganz hartnäckigen Fällen, wenn also der Miterbe auch jetzt noch seine Mitwirkung verweigert, benötigt man leider noch eine zweite Klage, denn das Versteigerungsgericht gibt den Erlös nur frei, wenn alle Berechtigten (also alle Miterben) dem Gericht eine einvernehmliche Anweisung erteilen, wie das Versteigerungsguthaben ausgezahlt werden soll.

Teilungsklage
Wie mühsam und aufwendig eine solche Teilungsklage im konkreten Einzelfall ist, hängt davon ab, woraus der Nachlass besteht. Gibt es zum Beispiel nur ein Sparkonto und die (mittlerweile versteigerte) Eigentumswohnung, dann ist es nicht tragisch. Enthält der Nachlass aber – neben der Immobilie – auch noch weitere sogenannte unteilbare Gegenstände, zum Beispiel ein Kfz, Unternehmensbeteiligungen, Schmuck, Gemälde etc., dann müssen auch diese Nachlassgegenstände zuvor – per Versteigerung – zu Geld gemacht werden.

Der Kläger muss seiner Teilungsklage nämlich einen ganz konkreten Teilungsplan beifügen, von dem das Gericht nicht abweichen darf. Und da nur Geld völlig fair aufgeteilt werden kann, muss man alle anderen Nachlassgegenstände eben vorher liquidieren. Übrigens müssen auch alle Verbindlichkeiten vor der Verteilung des Nachlasses reguliert sein, § 2046 BGB. In komplizierten Nachlässen ist die Teilungsklage daher extrem mühsam und auch risikobehaftet, weil man als Kläger leicht ein Detail des Nachlassvermögens übersehen kann.

Weitere Infos zum deutschen und zum internationalen Erbrecht finden Sie auf unseren Blogs und Kanzleiwebsites:

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Kontakt: 0941 / 463 7070

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