Bochum, ehem. Pfarrkirche St. Marien - Plenum
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 Published On May 18, 2019

St. Marien in Bochum – mittlerweile sicher eines der bekanntesten Bauwerke der Stadt, hat in ihrer wechselvollen Geschichte gleich viermal einen „ersten Platz“ belegt. Bei ihrer Weihe am 3. Mai 1872 war sie der erste katholische Kirchenneubau seit der Reformation in Bochum. Bei einem Bombengroßangriff zu Pfingsten 1943 war sie die erste, zerstörte katholische Kirche Bochums, am 22.09.2002 wurde sie als erste (wesentliche) Kirche der Stadt außer Dienst gestellt, seit der Einweihung des Bochumer Musikforums am 28.10.2016 ist sie der wohl erste als „Foyer“ eines Konzerthauses dienende Kirchenbau.

Bereits seit 1862 gab es, mit vielen Unstimmigkeiten, Bestrebungen, für die durch die beginnende Industrialisierung enorm gewachsene Gemeinde St. Peter und Paul in der Altstadt eine neue Kirche zu errichten. Federführend war der 1863 gegründete „Marienverein“ rund um Bürgermeister Greve und den Direktor des Bochumer Vereins, Jacob Mayer – den Erfinder des Stahlformgusses. 1868 wurde durch den Paderborner Bischof Konrad Martin der Grundstein für den nach Plänen des Barmener Architekten G. A. Fischer zu errichtenden Bau gelegt. 1876 wurde die Kirche in den Wirren des Kulturkampfes den Altkatholiken überlassen, die sie jedoch, zahlenmäßig arg dezimiert, 1882 wieder an die katholische Gemeinde zurückgaben. Zu Beginn des 20. Jh. wurde die auf 12000 Seelen gewachsene Mariengemeinde geteilt, es entstanden die noch größeren Kirchen St. Antonius und St. Meinolphus-Mauritius. Im 2. Weltkrieg brannte die Kirche völlig aus, der stark vereinfachte Wiederaufbau nach Plänen des Herner Architekten K. H. Vieth erfolgte 1952/53. Infolge der Entvölkerung der Innenstadt und überhaupt völlig anderer Wohnverhältnisse schrumpfte die Mariengemeinde im Lauf der Jahre auf ~900 Mitglieder, so dass der Unterhalt der Kirche nicht mehr gewährleistet werden konnte. Seit den 1990er Jahren erfolgte eine Kooperation mit der benachbarten Meinolphusgemeinde, schlussendlich ging die Mariengemeinde aber 2002 in die Propsteigemeinde über, die Kirche wurde, von großem Medienecho begleitet, entwidmet und geschlossen.

Seit Jahren schon wünschten die Bochumer Symphoniker, welche 2019 ihr hundertjähriges Bestehen feiern, ein eigenes Konzerthaus, sie mussten sich mit diversen Aufführungsorten im Stadtgebiet begnügen, wuchsen aber zu einem landesweit bekannten Orchester. Im Lauf der Zeit entwickelte sich die Idee, die ehem. Marienkirche zu einem Konzerthaus umzubauen oder sie in ein solches einzubeziehen. Wegen der hohen Kosten entwickelte sich in der Bochumer Bürgerschaft auch Widerstand gegen die sog. „Fidelbude“. Eine stattliche Großspende bildete die Initialzündung für die Inangriffnahme des Projektes, viele große und kleine Einzelspenden folgten, nach Umwandlung vom Konzerthaus in ein Musikforum unter Hinzunahme der Musikschule flossen auch Fördergelder. Nach einem Entwurf des Stuttgarter Planungsbüros Bez + Kock wurde die Kirche zwischen großem und kleinem Konzertsaal eingespannt. Ihr sakraler Charakter blieb erhalten, die Ausführung rief und ruft allgemein große Bewunderung hervor. Bochum hat mit dem Musikforum ein Konzerthaus von überregionalem Rang erhalten, architektonisch eine Meisterleistung, in der Akustik weit herausragend.

Vom ehemaligen Geläut der Marienkirche, 1957 vom Bochumer Verein gegossen, verlieb die große Christusglocke b°, leider nur „Pausenglocke“ oder „Pausengong“ genannt, in der Kirche, und wird je nach Bedarf real mit einem von hinten auf die Glocke schlagenden Klöppel oder akustisch über Lautsprecher zum Klingen gebracht. Der Verbleib der anderen 3 Glocken ist dem Autor leider nicht bekannt.

Zu hören ist hier die Aufnahme des Geläutes zum Gottesdienst zur Profanierung der Kirche. Aufgenommen mit einem Minidisc-Recorder ist sie leider nicht fehlerfrei, da der Autor zwar neue, aber offensichtlich mangelhafte Batterien nutzte. So gibt es zu Beginn einen kleinen Schnitt. Nach diesem Gottesdienst wurden die Glocken werktags noch zu den Gottesdiensten im benachbarten Marienstift geläutet, das endgültig letzte Geläut war am 11.12.2012.

Link zu einer Dokumentation des letzten Läutens:

   • Ausläuten der Marienkirche  

Geläutedaten:

1. Christus
b°, 1900 mm, 2582 kg

2. Maria
c‘, 1690 mm, 1836 kg

3. ?
es‘, 1430 mm, 1086 kg

4. ?
f‘, 1260 mm, 762 kg

Minidisc-Aufnahme: 22.09.2002 aus nordöstlicher Diagonale

Fotos des Innenraumes im Zwischenzustand: M. Braun, Hürth, 01/2010

Fotos aus der Glockenstube: Netzfund mittlerweile nicht mehr nachzuvollziehender Herkunft, vermutlich waz.de

Alle anderen Fotos eigener Provenienz

Genutze Quellen/Literatur:

Rüdiger Jordan: Die wechselvolle Geschichte der St. Marien Kirche in Bochum-Mitte, Verlag Schürmann + Klagges, Bochum, 2000

Glockenkatalog des Bistums Essen (Vorläufer zum Glockenbuch), bearbeitet von S. Schritt, Trier, ohne Jahreszahl

Wikipedia-Artikel zum Anneliese Brost Musikforum Ruhr, abgerufen am 17.05.2019: https://de.wikipedia.org/wiki/Annelie...

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